Warum einen Trimaran segeln?

Trimarane segeln wie eine gut segelnde Einrumpfboot-Yacht mit wesentlich höherer Stabilität. Im Allgemeinen segelt man mit dem Trimaran schneller als mit einer Einrumpf-Yacht gleicher Länge.

Doch wie jede Segel-Yacht hat auch ein Trimaran nicht nur Vorteile. Hier meine Erfahrungen und mein Weg zum Trimaran:

-Ausgangssituation-

Ich hatte vorher eine Art Jollenkreuzer, eine Neptun 212 mit Festkiel gefahren. Das Boot war durchaus seetauglich bei 6,80 Meter Länge. Allerdings blieb das Boot der Theoretischen Rumpfgeschwindigkeit von ca. 5,5 Knoten (ca. 10 Km/h) treu. An der Kreuz sind wir mit 4,5 bis maximal 5 Knoten schon „sehr gut“ unterwegs gewesen.

Kreuzen gegen Wind und Strom

kreuzen gegen wind und strom mit trimaran

In unserem Segel-Revier, auf der Nordsee, in der  Jade-Mündung bei Hooksiel, ist die Strömung sehr stark. Das heißt, dass alle Törnplanung so erfolgen muss, dass eine Yacht möglichst mit der Tidenströmung segelt. In der Jade bei Hooksiel ist die Strömung bis zu etwa 2-2,5 Knoten schnell. Zwischen den Ostfriesischen Inseln, in den Seegatten wurden von uns schon bis zu 6 Knoten (!) gemessen (Unterschied zwischen GPS und Logge).

Die Skizze rechts verdeutlicht das Problem: Hat man den Wind mit dem Strom (2 Knoten Strömung) und kreuzt mit einem Winkel von 45° gegen den Wind mit 6 Knoten Fahrt des Bootes durch das Wasser, so erreicht das Boot eine Geschwindigkeit zum Ziel (VMG=Velocity Made Good) – ohne Berücksichtigung des Stromes – von zirka 3 Knoten. Der Strom hält, wie gesagt, mit 2 Knoten dagegen, also erreicht man nur eine tatsächliche Geschwindigkeit von „VMG“-Strom=3kn-2kn=1 Knoten gegen den Wind und Strom, was subjektiv betrachtet die 6 Knoten „Rausche“-Fahrt des Bootes ad absurdum führt.

Wenn man nun also gegen den Wind und gegen die Strömung fahren will, hat man bei einem Kreuzwinkel von 45° durchaus Stillstand gegen den Strom, wenn man mit 4,5 Knoten die Jade hinaufkreuzen muss 🙁 Das ist bei 3-4 Windstärken bei Booten zwischen 7 und 9 Meter Länge nun einmal traurige Realität in unserem Gewässer.

Als Resultat muss man festhalten, dass mit einem Boot, das nicht mindestens 8 Knoten Reisegeschwindigkeit erreichen kann, die Reiseplanung nicht nur vom Wetter, sondern in unserem Revier noch stärker von der Strömung bestimmt wird.

Wie kommt man aus dem Problem heraus?

Gesucht….

Die Forderung-1 für ein neues Boot heißt also: es muss schnell sein, auch beim Kreuzen.

Eine weitere, wichtige Forderung-2 war ein geringer, oder variabler Tiefgang des Bootes, damit ich a) auch durch das Wattenmeer reisen kann, b) auch mal trockenfallen kann und c) die schönsten und meist auch flachen Buchten aller Reviere, egal ob Ostsee oder England auch wirklich erreichen kann und nicht immer ganz weit draußen ankern muss.

Forderung-3 heißt: das Boot muss trailerbar und slipbar sein. Ich möchte in der Lage sein, das Boot selbst aus dem Wasser zu holen (slippen) und selber mit dem Auto durch die Gegend fahren zu können (trailern), z.B. an die Ostsee, ans Mittelmeer. Oder einfach nur ins Winterlager oder zur Reparatur und überholung nach Hause.

Da ich sowieso ein etwas größeres, aber immer noch trailerbares Boot, so um die 8-9 Meter kaufen wollte, schaute ich mich gleich auch nach etwas schnellerem um. Allerdings musste ich recht schnell feststellen, dass bei dieser Rumpflänge die so genannte“theoretische Rumpfgeschwindigkeit“ bei den aktuellen Einrumpfbooten eine echte Hürde darstellt (8-9 Meter entspricht ca. 6,5 bis 7,3 Knoten). Die meisten älteren, also gebrauchten Einrumpfboote erreichen ihre Rumpfgeschwindigkeit an der Kreuz nicht, oder nur bei Starkwind. Auch moderne Konstruktionen von Einrumpfbooten überschreiten die theoretische Rumpfgeschwindigkeit typischerweise nur auf Raumschotkursen, also nicht auf der Kreuz.

Auf unserem Revier, der Jade, die von Süd-Ost nach Nord-West ausgerichtet ist, bei häufig vorherrschendem Nordwest-Wind ist also nur eine kompromisslos schnelle Konstruktion in der Lage, gegen Wind und Strom anzukommen. Auf meiner Suche nach dem „richtigen“ Boot stieß ich mitunter auf meinen damaligen Favoriten „Pogo“, ein Mini-Transat Racer, der bei nur 6,5 Meter Lünge 3! Meter breit ist. Die Kiste hat keinen Komfort, ist dafür aber einfach nur schnell. Das Problem bei den Mini-Transat ist aber das Längen/Breiten Verhältnis. In Deutschland darf ein Trailerboot nur 2,55 Meter breit sein, so dass der Mini-Transat flach fällt. Zusätzlich hat der Pogo 1,60 Meter Tiefgang, was aber durch einen Hubkiel in den Griff zu kriegen wäre.

…Gefunden!

Wenn ich mich recht entsinne, bin ich das erste Mal auf das Thema „Mehrrumpfboote“ bzw. „Trimaran“ mit dem Test der“Dragonfly 920 Extreme“ in der Yacht 17 vom 13.8.2003 gestoßen. Dort wurde ein Boot mit 3 Rümpfen, also ein Trimaran, gezeigt, das bis zu 25 Knoten! Speed macht. Statt Kiel hat es ein Schwert, und es kann „einfach so“ auf den Strand fahren oder auf einer Sandbank oder im Watt trockenfallen. Weil das Boot wegen der breit ausgeklappten Schwimmer keinen Bleikiel zum Segeln braucht, wiegt es nur 1,85 Tonnen, so dass man es mit einem kräftigen PKW bei über 9 Meter Bootslänge noch locker trailern kann. Die Ausleger mit den Seitenrümpfen werden im Wasser einfach über das so genannte „Swing Wing“ System seitlich an den Hauptrumpf geklappt und -voila- passt das Boot wie ein normales Einrumpfboot in eine normaldeutsche Hafenbox hinein.

Klar, die Dragonfly wirkte auf mich zuerst nicht wie eine Alternative, sondern wie ein Exot, ein teurer noch dazu. Aber das Konzept hat so überzeugend meine Anforderungen erfüllt, dass nach ca. 6 Wochen intensivem Studium aller möglichen Tests klar war: ein schneller Tri kann alles das, was ich will!

Keine Qual der Wahl…

Bei den Tris gibt es nicht viele Alternativen. Der Markt ist recht klein, die wirklich schicken Konstruktionen kann man fast an einer Hand abzählen. In relevanten Stückzahlen gibt es bei den Trimaranen zwischen 8 und 10 Meter nur die Dragonfly’s von der Quorning Werft aus Dänemark, oder die Farrier Tris, designed von dem Australier Ian Farrier, gebaut in Australien und USA von der Corsair-Marine Werft. Eine Newcomer-Alternative, auch in preislicher Hinsicht sind die Catri „hydrofoil Trimarane“ aus Lettland. Obwohl die Risse der Catris interessant sind, und der Speed höher als bei allen anderen liegen soll, ist das Konzept des Hydrofoil noch nicht in Bedingungen erprobt, wie wir sie auf der Jade vorfinden. Nämlich kurze, steile Welle mit heftiger Strömung wie in einem reißenden Fluss!

Das Klappkonzept dieser Trimarane, bei dem die Seitenrümpfe an den Hauptrumpf zur Mitte geklappt werden, erlaubt normale Liegeplatzgebühren, und die Möglichkeit, auch in vollen Häfen einkehren zu können.

Der Gebrauchtmarkt ist bei Trimaranen überschaubar. Nach Studie der Konzepte und Risse und Festlegung eines Maximalbudgets kamen eigentlich nur noch ein Corsair (Farrier) 24 oder F27 oder Dragonfly 800 (möglichst als Racing!) in Frage.

OK, das war es eigentlich fast. Ich stellte fest, dass gebrauchte Corsair oder F27 am besten in den USA zu bekommen sind, hatte aber keine Ahnung wie ich das logistisch und von den Kosten her in den Griff bekommen sollte. Schließlich musste das Boot hierher, nach Deutschland. Und die günstigeren Preise in den USA relativieren sich sicherlich nach Transport, Zoll und Mehrwertsteuer. Und für eine Selbst-Überführung fehlt mir einfach die Zeit und die Erfahrung mit dem Bootstyp und mit dem Streckensegeln überhaupt.

Schließlich fand ich einige interessante Angebote für Dragonfly 800 Cruising und Racing in Deutschland, Schweiz und Österreich. Ein Österreichisches „will ich haben“ war leider schon weg. Schließlich konnte ich Ende Oktober in Norddeutschland einen Dragonfly 800 Racing kaufen.

Fazit

Also noch mal in Stichworten zusammengefasst:

  • Ein Trimaran ist SCHNELL, wirklich schnell, und kann auf der Jade GEGEN Wind und GEGEN Strom ankreuzen
  • Ein Trimaran hat variablen Tiefgang mit Klappschwert und kann locker durchs Watt heizen. Etwa so wie ein Jollenkreuzer. Nur schneller.
  • Ein Trimaran ist „beachable“. Man kann damit auf den Strand fahren, zum Grillen oder so…
  • Das Boot ist hervorragend trailerbar

Der Vollständigkeit halber seien auch die Nachteile genannt:

  • Die Trimarane sind teurer als Einrumpfboote gleicher Größe, was an dem kleinen Markt liegt
  • Trimarane können kentern, also umkippen, wie auch ein Einrumpfboot. Allerdings richtet sich ein vollständig gekenterter Tri im Gegensatz zu den meisten Einrumpfbooten nicht von alleine wieder auf. Dafür ist z.B. mein Corsair unsinkbar. Beim Trimaran ist also rechtzeitiges reffen (Segelfläche verkleinern) angesagt, was der Geschwindigkeit typischerweise keinen Abbruch tut.

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Kommentare

2 Antworten zu „Warum einen Trimaran segeln?“

  1. Avatar von Matthias v. Corvin

    Super Beitrag,
    ich denke über den Bau eine F-82 nach … mal sehen.

    Gruß Matthias

  2. Avatar von Gerd
    Gerd

    Hallo
    ich kenne alle deine Argumente und habe in der USA einen F28R gekauft und hierher gebracht.
    Gruß Gerd

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